Bildgebende Verfahren sind die Grundlage für die meisten Diagnosen – quer durch alle medizinischen Fachrichtungen. Was vor 30 Jahren noch in den Startlöchern stand, wurde verfeinert und ist mittlerweile unerlässliche Routine. Künstliche Intelligenz wird künftig eine wichtige Rolle spielen.
Konventionelles Röntgen bedeutete vor einigen Jahrzehnten die Entwicklung der Filme einzeln in der Dunkelkammer, danach kam die Tageslichtentwicklung. Auch Computertomografiebilder (CT-Bilder) mussten damals auf Film ausgedruckt werden, obwohl digitale Daten errechnet wurden. Im CT konnten auch technisch bedingt nur „dicke“ Schichten dargestellt werden, im Vergleich zu heute waren die Bildeindrücke weitaus gröber und Kleinststrukturen nicht darstellbar. Erst mit neueren, schnelleren CT-Generationen sind Nachberechnungen kleinster Areale möglich.
Der Chefarzt der Radiologe am KRH Gehrden und Neustadt, Dr. Götz Voshage, ist seit mehr als 30 Jahren Experte in Bezug auf bildgebende Verfahren bei Diagnose und auch Therapie. „Die rasante Entwicklung von Computertomografie (CT) und Kernspintomografie (MRT) spielt natürlich bei der Beurteilung von Befunden eine zentrale Rolle.“ Aber seit vielen Jahren gehört auch die interventionelle Radiologie zur therapeutischen Routine. Katheteruntersuchungen, Biopsien und minimalinvasive Eingriffe etwa werden unter radiologischer Kontrolle durchgeführt. „Ein Quantensprung – früher war eine Operation an der Bauchschlagader eine offene OP“, sagt Dr. Voshage.
Auch bei der Mammografie hat sich im Laufe der Jahrzehnte vieles getan. „Die Digitalisierung ermöglicht eine höhere Auflösung der Bilder und mehr Details“, so der Radiologe. Von der Qualitätsverbesserung bei der Aufnahmetechnik würden Patientinnen erheblich profitieren.
Weniger Platzangst durch größere Tunnel
Bei der MRT-Untersuchung sind in den vergangenen Jahren vor allem auch die Tunnel – die Röhren – größer geworden. „Das entlastet Patientinnen und Patienten mit Platzangst“, betont Dr. Voshage. Im Gegensatz zum CT gibt es keine Strahlenbelastung, im MRT allerdings können Muskeln, Gelenke und Knorpel besser dargestellt werden. „Auch die Herz- und Leberdarstellung unter Einsatz bestimmter Kontrastmittel ist erheblich präziser geworden.“
Die Computertomografie ist weiterhin unverzichtbar in Diagnostik und Therapie. Insbesondere da von neueren CT-Geräten heute eine deutlich geringere Strahlendosis ausgeht. Die Zukunft allerdings, so Dr. Voshage, gehört auch in der Radiologie der künstlichen Intelligenz (KI). „Wenn automatisch eine Software über Tausende von Bildern läuft und dabei Auffälligkeiten erkennt, dann ist das für die Mediziner eine Arbeitserleichterung und Befundpräzision.“
Der Pathologe Prof. Ludwig Wilkens arbeitet im Klinikum Nordstadt mit mikroskopischen Präparaten, die aus Gewebeproben hergestellt werden. Aus der Zuordnung des mikroskopischen Befundes aus diesen Proben und bereits bekannten morphologischen Bildern ergibt sich die Diagnose. Eine Art „Memory für Akademiker“ nennt Prof. Wilkens dies augenzwinkernd. Bei der Vielfalt der Erkrankungsbilder durchlaufen angehende Pathologen einen langjährigen Lernprozess.
Die eingesetzten Techniken haben sich dabei über die letzten Jahre hinweg ganz erheblich verbessert und werden weiter um molekularen Techniken ergänzt. Damit gelingt es, ein hohes Maß an Personalisierung der Diagnose zu erreichen, das ist wichtig für die weitere Therapie. Letztlich gibt es keine Krebsdiagnose ohne pathologische Begutachtung.
In Deutschland sind außerdem die rund 30.000 MTRA (medizinischtechnische Radiologieassistenten) essenziell. „Ohne MTRA keine Diagnostik – ohne Diagnostik keine Therapie – ohne Therapie keine Heilung“, betont Martina Redeker, leitende MTRA in der Diagnostischen und Interventionellen Radiologie des KRH Klinikums Neustadt.
Beste Bildqualität plus Sicherheit für den Patienten
„Eine unserer grundlegenden beruflichen Aufgaben zielt darauf ab, mit unseren Fähigkeiten den Patienten die bestmögliche Bildqualität zu liefern und zusätzlich jederzeit deren Sicherheit im Blick zu behalten“, so Redeker.
Eine strahlendiagnostische Anwendung sollte allerdings nur dann vorgenommen werden, wenn alle bisher erhobenen Befunde sorgfältig bewertet worden sind und feststeht, dass diese Röntgenuntersuchung einen Mehrwert darstellt. „Das bedeutet, dass vorab genügend klinische Informationen bereitgestellt werden müssen, um die Fragestellung mit der richtigen bildgebenden Methode zu beantworten“, betont Redeker. Wenn ein Patient Bauchschmerzen habe, könne das alles sein. Eine Komplettdiagnose für den ganzen Körper „mal eben“ gebe es nicht. Dank Kontrastmittelgabe könnten mittlerweile viele Detailinformationen geliefert werden, „mit dem Dosismanagementsystem kontrollieren wir zudem die Strahlung“, so Redeker.
Die fachübergreifende Zusammenarbeit ist für die MTRA zudem unverzichtbar in der Patientenversorgung – etwa bei der interventionellen Radiologie in enger Zusammenarbeit mit der Gefäßchirurgie und der Angiologie. So könnten Operationen vermieden werden zugunsten minimalinvasiver Verfahren. Die KI in der Radiologie ist auch für MTRA die Zukunft: In der Schnittbilddiagnostik helfen automatisierte Verfahren bei der Erkennung von Metastasen, liefern Vergleichsalgorithmen, Gefäßmessungen, 3-D, farbcodierte Darstellungen und unterstützen so maßgeblich den Befunder.
Für den Internisten und Gastroenterologen Dr. Christoph Grotjahn, Chefarzt am KRH Klinikum Großburgwedel, zählen zwei wichtige Themen zum Bereich der bildgebenden Verfahren: der Ultraschall und die Endoskopie. Nach Glasfasertechnologie und Aufsatzkamera in den 1970er- und 1980er-Jahren ist es inzwischen möglich, mittels Videoendoskopie direkt am Bildschirm zu diagnostizieren. „Längst ist die hochauflösende HD-Technologie auf diesem Gebiet Standard.“ Bei einer Vorsorgedarmspiegelung, so Dr. Grotjahn, habe man in den 1980er-Jahren meist nur die gestielten Polypen entdeckt, „wir haben die flachen nicht gesehen“. Der nächste Schritt jetzt ist für ihn die künstliche Intelligenz. „Wir werden dann alarmiert, wenn wir einen Polypen übersehen haben.“
Die Sonografie spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. „Ein Herzultraschall wurde während meines Studiums nur in Unikliniken gemacht“, betont Dr. Grotjahn. Inzwischen werden nicht nur hochauflösende Schwarz-Weiß-Bilder, sondern auch bei der sogenannten Doppleruntersuchung die Blutflussverhältnisse in den Gefäßen farblich dargestellt. Seit den 1990er-Jahren wird die Kontrastmittelsonografie eingesetzt, etwa bei Krebspatienten: „Die Darstellung der Gefäßarchitektur eines Tumors gibt unmittelbar Aufschluss über Bös- oder Gutartigkeit“, erläutert Dr. Grotjahn. Als Quantensprung in der Gastroenterologie bezeichnet der Mediziner die Fusion von Sonografie und Endoskopie zur Endosonografie. „Wegen der hohen Auflösung erkennen wir Befunde im Millimeterbereich, können sie genau beurteilen sowie gegebenenfalls direkt abtragen. Diese schonenden Eingriffe können große Operationen vermeiden. Dasselbe gilt für schwere Erkrankungen in unmittelbarer Umgebung des Magen-Darm-Traktes, die unter sonografischer, manchmal auch radiologischer Überwachung durch die Magen-Darm-Wand angegangen werden können. So können Operationen mit hohem Risiko auch für jüngere Patienten vermieden werden.“