Anna liegt im Bällebad. Sie sinkt tief ein in das Meer aus bunten Plastikkugeln, sie spürt sie überall und nimmt die Außengrenzen ihres Körpers so wieder wahr. Und vor allem versteht sie langsam, dass ihr Körper intakt ist. Dieses Gefühl hatte sie verloren. Die 37-Jährige leidet unter einer Schizophrenie. Allgemein bedeutet dies, dass das Gehirn eine Filterstörung hat: Bestimmten Reizen in der Umgebung werden Bedeutungen zugeschrieben, die nicht zutreffen. In Annas Fall sind es Männer, die sie verfolgen und die versuchen, sie mit Messern zu verletzen. Für sie fühlt sich diese Wahrnehmung so real an, dass sie sich zu Hause versteckte.
Anna ist eine fiktive Person. Doch Fälle wie ihrer sind keine Seltenheit, und in der Therapie derartiger psychischer Erkrankungen ist das Arbeiten mit Sinnen in der KRH Psychiatrie Wunstorf von zentraler Bedeutung. Zu Beginn steht oft der Einsatz des sogenannten Skillskoffers. In diesem sind zahlreiche Gegenstände, mit denen verschiedene Sinne angesprochen werden können. Mit ihnen unterstützen Therapeuten ihre Patienten, Kontakt zu sich und ihrem Körper oder zur Umwelt aufzunehmen. „Unsere Patienten sind oft überflutet von starken Gefühlen. Durch den gezielten therapeutischen Einsatz von Sinnesreizen werden Bereiche unseres Gehirns aktiviert, die helfen, angenehme Gefühle zu erzeugen, Belastendes abzuschwächen und wieder klarer denken und handeln zu können“, berichtet Diana Kloppenburg, Leitende Oberärztin der Suchtmedizin und Psychotherapie.
Die Therapie ist vielseitig
In dem Beispiel von Anna geht die Therapie über die Sinne weiter: Das Bällebad dient als eines von mehreren Elementen der Therapieform der Sensorischen Integration dazu, ihr ein reales Gefühl von Körpergrenzen und von Sicherheit zu vermitteln. Hierüber kann sie ihre Wahrnehmung neu justieren und langsam verstehen, dass die Verletzungen, die sie in ihrer Schizophrenie wahrgenommen hat, nie stattgefunden haben.
Der Skillskoffer und das Bällebad sind nur zwei der vielen Angebote der KRH Psychiatrie Wunstorf, die auf Sinneswahrnehmungen basieren. „Angefangen von Musik- und Kunsttherapie über achtsame Spaziergänge bis hin zu physiotherapeutischen Massagen arbeiten wir stark damit. Wir wählen individuell aus, welche Sinneswahrnehmungen dem jeweiligen Patienten helfen können, und vermitteln den Betroffenen Techniken, die sie auch später zu Hause anwenden können“, betont Kloppenburg.