Trauer und Tränen sind es, die viele mit dem Thema Krebs verbinden. Therapie und vielfältige Perspektiven sind die Begriffe, die ihm einfallen: PD Dr. Dr. Martin Müller, Chefarzt der Klinik für Hämatologie und Onkologie am KRH Klinikum Siloah. Tagein tagaus beschäftigt sich der Spezialist mit dem Krebs in allen Ausprägungen und in allen Organen. Das Spektrum an modernen Therapiemöglichkeiten gegen den Krebs, davon ist er fest überzeugt, ist riesig.
Es gibt die Option, Tumore zu operieren, Krebszellen mithilfe von Bestrahlung zu zerstören und es gibt die Möglichkeit mit klassischen Chemotherapien zu arbeiten. Onkologen können gemeinsam mit den Patienten auf die Immuntherapie oder auf molekularonkologische Ansätze setzen oder eine Mischung aus alledem anwenden. „Genau das ist meine Aufgabe“, erklärt Chefarzt Müller. „Gemeinsam im Team aus den Organexperten, Pathologen, Therapeuten und natürlich den Patientinnen und Patienten die unterschiedlichen Wege durch die Erkrankung aufzuzeigen und den besten zu finden und dann zu gehen.“ Möglich wird ein solcher Behandlungsansatz nur in einem Krebszentrum. Ein solches Zentrum stellt sich regelmäßig der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zur Überprüfung und stetigen Verbesserung.
„In dieser Zusammenarbeit zwingen wir uns geradezu, immer auf dem neusten Stand der Forschung und Entwicklung zu sein“, erläutert Müller. Die onkologischen Patienten im Siloah und den anderen KRH Standorten sollen schließlich von den Möglichkeiten der modernen Krebstherapie profitieren.“
Mit einer Operation, um einen Tumor zu entfernen, können viele etwas anfangen. Das bei einer Chemotherapie starke Nebenwirkungen auftreten können, wie Haarausfall oder Übelkeit, weil die Medikamente eben nicht nur die Krebszellen attackieren, kennen auch viele. Dass radioaktive Bestrahlung hilft, das Tumorwachstum einzudämmen, ist auch bekannt. „Wir setzen auch auf diese bewährten Therapieformen. Doch die Medizin entwickelt sich seit etwa zwanzig Jahren in der Onkologie rasant weiter. Immer mehr klinische Studien zeigen uns, bei welchen Krebsformen wir eventuell besser mit einem immunolgischen Ansatz fahren.“ Dabei werden den Patienten Medikamente gegeben, die deren körpereigene Immunabwehr stärken und dieser die richtigen Hinweise geben, um den Tumor, die Metastasen und die anderen im Körper verbreiteten Krebszellen zu attackieren. „Das funktioniert ziemlich genau und wir haben hohe Wahrscheinlichkeiten, besonders viele Krebszellen damit zu erwischen und unschädlich zu machen“, so Müller. Besonders erfolgreich ist dieser Ansatz bereits bei der Behandlung von Lungenkrebs und Schwarzem Hautkrebs. Aber auch Tumore aus dem urologischen Bereich (Blasenkrebs, Nierenkrebs), bestimmte Darmkrebsformen und Tumore im Kopf-Hals-Bereich können mit dieser Strategie erfolgreich angegangen werden.
Der zweite innovative Ansatz ist die sogenannte zielgerichtete Therapie. Hierbei richten sich die Medikamente gegen bestimmte Strukturen auf bzw. in den Tumorzellen und gegen bestimmte Botenstoffe, die von den Krebszellen ausgesandt werden und für ihr Wachstum essentiell sind. Einer dieser Botenstoffe, der gezielt durch spezielle Therapien attackiert werden kann, regt beispielsweise das Wachstum von Blutgefäßen in die Tumoren an. Die Tumorzellen sorgen so dafür, dass sie ausreichend mit Nahrung und Sauerstoff versorgt werden. Müllers Erklärung: „Der zielgerichtete Ansatz hemmt das und wir können die Blutversorgung der Krebszellen verlangsamen oder unterbinden und die entarteten Zellen verhungern im besten Fall.“
Im Rahmen sogenannter molekularonkologischer Untersuchungen wird heute immer häufiger auch das gesamte Erbgut der Krebszellen eines individuellen Patienten entschlüsselt. Das so gewonnene Ergebnis wird dann mit riesigen Datenbanken abgeglichen. „So können wir extrem genau gegen diesen Krebs vorgehen, individuell vielversprechende Therapieoptionen identifizieren und bessere Aussagen über die Prognose der Erkrankung machen.“ Im Bereich der molekularen Onkologie kooperiert Müller mit dem Tumorzentrum am Universitätsklinikum in Tübingen, wo eines der ersten dieser Programme im deutschsprachigen Raum vor einigen Jahren etabliert wurde.
Noch vielfältiger als die Krebsvarianten sind die Patientinnen und Patienten, die Müller behandelt. „Das ist einfach meine Welt, Menschen in dieser kritischen Situation helfen zu können“, berichtet der 47-Jährige. „Viele Patienten können wir mit den heute zur Verfügung stehenden Methoden bereits heilen. Bei vielen Erkrankungen ist dies aber leider auch heute noch nicht möglich. Dennoch können wir in den meisten Fällen moderne Therapien anbieten, die bei Erhaltung einer guten Lebensqualität den Tumor effektiv zurückdrängen und über viele Jahre kontrollieren können.“