Wenn die Visite stattfindet, morgens und mittags, stehen nicht nur Mediziner*innen und Pflegende am Krankenbett, sondern auch jemand wie Julia Hehr.
Die 36-Jährige ist Stationsapothekerin am KRH Klinikum Siloah, hier arbeitet sie seit 2022, vorher war sie in dieser Funktion an anderen Häusern des KRH tätig. Hehr, die nach dem Studium anderthalb Jahre in einer öffentlichen Apotheke angestellt war, sagt über ihr aktuelles Aufgabenfeld: „Die Arbeit ist vielfältig und auch herausfordernd.“ Sie verrichtet ihren Dienst gemeinsam mit zwei Kolleginnen, die Stationsapothekerinnen wechseln sich bei den unterschiedlichen Aufgabenstellungen ab.
Ihr Wissen ist oft gefragt bei Ärzt*innen und auch bei Pflegekräften. Es gilt, für jede Indikation die richtige Medikation festzulegen, denn schließlich gibt es einen Grund für den Klinikaufenthalt. Doch weil gerade ältere Menschen öfter im Krankenhaus behandelt werden als junge, achtet Hehr darauf, dass alle Medikamente – auch solche, die bereits im Vorfeld von niedergelassenen Ärzt*innen verordnet wurden – zueinander passen, ob sie unerwünschte Nebenwirkungen haben, ob die Dosis angemessen ist.
Es kann sein, dass ein Anruf von Station kommt, weil beispielsweise unklar ist, wie man eine Infusionslösung herstellen soll und dazu keine Informationen in der Gebrauchsanweisung zu finden sind. „In solch einem Fall rufe ich bei dem betreffenden Unternehmen an, um das in Erfahrung zu bringen“, sagt sie. Doch sie beantwortet nicht nur Fragen am Arzneimittelinformationstelefon, ein Dienst, den alle KRH-Apotheker*innen abwechselnd verrichten.
Ihre Arbeit lässt sie auch permanent im Haus rotieren. „Wir versuchen, jede Klinik einmal pro Woche zu visitieren.“ Zu den Maßnahmen, die der Patient*innensicherheit dienen, gehört auch die festgelegte Aufgabe, dreimal pro Woche Antibiotikatherapien zu überprüfen, die die Funktion der Niere beeinträchtigen können.
Die Visiten machen einen großen Teil der Arbeit aus. Zudem ist Hehr abwechselnd mit ihren Kolleginnen im Büro: Dann checkt sie, welche Patient*innen neu aufgenommen wurden. „Wir schauen uns den bisherigen Medikamentenplan an, achten auf Doppelverordnungen. Wenn etwas nicht plausibel erscheint, mache ich hier im Siloah den behandelnden Arzt oder die verantwortliche Ärztin darauf aufmerksam. Sollten sie meine Zweifel teilen, hakt derjenige dann beim Hausarzt nach.“ Ständig ist Julia Hehr im Dialog, auch mit Patient*innen.
Gerade die älteren von ihnen bringen sich Schlafmittel mit ins Krankenhaus. „Das spreche ich an, auch in die Richtung, ob sich die Dosis eventuell reduzieren lässt.“ Ebenfalls spannend: „Wir entwickeln Standards zu bestimmten Krankheitsbildern oder auch zu Medikamenten.“ Was sich abstrakt anhört, aber nicht ist.
Denn es handelt sich um Arbeitshilfen, die elektronisch ins sogenannte Dokumentenlenkungssystem eingespeist werden. Darauf haben Ärzteschaft und Pflegekräfte jederzeit Zugriff. Hehr nennt ein Beispiel: „Wir haben hier im Klinikum einige Tuberkulosepatienten. Wer daran erkrankt ist, bekommt eine ganze Reihe von Medikamenten. Die wiederum sind interaktionsträchtig.“ Ein Fachbegriff, der besagt, dass sie sich in ihrer Wirkung gegenseitig beeinflussen können.
Ein weniger exotischer Fall ist der häufige Konsum von Pantoprazol, einem Magensäureblocker. Der ist zwar rezeptfrei, sollte aber dennoch sehr gezielt zum Einsatz kommen. „Auch dazu haben wir einen Standard verfasst.“ Die Stationsapothekerin nennt als Beispiel eine Indikation: „Wer hoch dosiert Kortison über längere Zeit einnehmen muss, den schützt Pantoprozol davor, dass die Magenschleimhaut angegriffen wird.“ Um Standards zu verfassen, arbeiten sich Julia Hehr und ihre Kolleginnen durch nationale und internationale Behandlungsleitlinien, sie zapfen US-Datenbanken und andere Fachinformationsquellen an. Und sie überprüfen rotierend jährlich, ob dieses Wissen noch aktuell ist.
Spannend findet sie auch die Mitwirkung in einem digitalen Nachschlagewerk der Zentralapotheke, das ApoWiki heißt. „Da lässt sich viel abfragen, aber auch neues Wissen einpflegen.“ Ihr Engagement fast sie sehr nachdrücklich zusammen: „Wenn wir eine Aussage treffen, muss es eine passende, sichere Empfehlung sein. Dafür haben wir die Verantwortung.“