
Prof. Dr. Julian Mall und Prof. Dr. Jochen Wedemeyer
Doch im Gespräch miteinander ist von Streit wenig zu spüren. „Ich würde vorschlagen, du übernimmst meine Rolle und ich die des Chirurgen“, ist der erste Vorschlag von Prof. Dr. Jochen Wedemeyer, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie am KRH Klinikum Robert Koch Gehrden. Sofort legt er allerdings nach. „Ohne eine Spiegelung mit dem Endoskop in den unendlichen Weiten des Magen-Darm-Traktes kommt man dem Darmkrebs nicht auf die Spur. Man könnte jetzt sagen: Ich, der Gastroenterologe, habe den Darmkrebs gefunden, und nun bist du, der Chirurg, dran.“ „Ganz so einfach ist es ja nicht“, fährt Prof. Dr. Julian Mall, Chefarzt der beiden allgemeinchirurgischen KRH Kliniken Nordstadt und Siloah, dazwischen. „Wir wollen die Menschen ja nicht um jeden Preis operieren. Denn eines ist mir ganz wichtig: Nicht alles, was technisch machbar ist, ist für den Patienten sinnvoll.“
Beide erklären dann die Entwicklung des Krebses im Darm und seine Vorstufen mit Polypen oder Läsionen. „Da haben wir in der Endoskopie in den vergangenen Jahren unheimlich viel dazugelernt“, holt Wedemeyer aus. „Heutzutage können wir schon gleich bei der ersten Untersuchung verdächtiges Gewebe abtragen. Aber es gibt natürlich die Grenzfälle.“ „Genau“, fällt ihm Mall ins Wort. „Und da ist es dann besser, die Behandlung mit dem Endoskop nicht weiterzuführen, sondern sich mit den Chirurginnen und Chirurgen abzustimmen, ob das Problem vielleicht in einer Operation oder auch mit einer gemeinsamen Behandlung besser therapiert werden kann. Ihr dann aus dem Inneren des Darms heraus und wir von außen kommend.“
Wertvoller Austausch zwischen Fachgebieten „Das ist für uns Gastroenterologinnen und Gastroenterologen übrigens ganz wichtig zu schauen: ob wir uns nicht auch zu viel zutrauen. Darum ist dieser Austausch zwischen den Fachgebieten auch so extrem wertvoll“, resümiert Wedemeyer. Mall ergänzt: „Wir müssen voneinander wissen, wie lange die Eingriffe dauern, wie hoch die mögliche Komplikationsrate ist, so können wir gemeinsam die beste Therapiemethode für Patientinnen und Patienten entwickeln.“
Die beiden Darmkrebsspezialisten lächeln einander verschmitzt an, überlegen und es fällt ihnen noch etwas Wichtiges ein. Sie wollen an die Vorsorgeuntersuchung erinnern. Stuhlprobentests seien nicht ausreichend, und während sie das betonen, werden sie noch einmal richtig energisch. Das Wichtige bei der Darmspiegelung im Rahmen der Darmkrebsvorsorge sei, dass man gleich auch verdächtiges Gewebe entfernen könne – und zwar bevor der Krebs entstehe. „Ab einem Alter von 50 Jahren sollte das jeder machen“, so Wedemeyer. Mall ergänzt: „Bei Darmkrebsfällen in der Familie auch zehn Jahre vor dem Alter, in dem es bei dem Verwandten aufgetreten ist.“ Wieder tauschen beide Blicke aus und sind sichtlich zufrieden: Das wollten sie noch unterbringen.