Dr. Martin Stolz (MPH) ist Chefarzt sowie Ärztlicher Direktor und nicht nur für einen Standort im Klinikum Region Hannover verantwortlich. Sein Thema: die älteren Menschen. Im Fachdeutsch nennt er sich Geriater, seine Klinik nennt sich Geriatrie. In Langenhagen leitet er einen ganzen Standort. Im KRH Klinikum Nordstadt ist er als Chefarzt tätig. Mehrmals in der Woche beginnt sein Tag dort. Dann geht er mit den Unfallchirurgen über die alterstraumatologische Station. Hier liegen ältere Menschen, bei denen nach einem Unfall – oft ein Sturz – die Verletzungen behandelt werden müssen. Seine Aufgabe: den älteren Menschen als Ganzes zu sehen. „Bei vielen können wir 30 unterschiedliche Krankheiten diagnostizieren“, erklärt der Geriater während eines Zimmerwechsels auf dem Stationsflur. „Diese einzeln zu betrachten hat keinen Sinn. Wir versuchen, hier im Team herauszufinden, mit welcher Strategie wir für den Patienten das meiste herausholen können, um ihm zu helfen.“
Dr. Stolz wird begleitet von einem Team aus Fachärzten, Assistenzärzten, den Pflegefachkräften und wenn es geht, auch von Ergo- und Physiotherapeuten. Diese Multiprofessionalität entspricht seinem Behandlungsansatz. Jeder unterschiedliche Blickwinkel hilft, dem Patienten die für ihn optimale Behandlung zukommen zu lassen. „Was haben Sie da geflüstert?“, fragt eine ältere Dame, die an der Schulter behandelt werden muss. Dr. Stolz bleibt freundlich, wird aber etwas lauter und erklärt ihr den Sinn der Visite: „Vorhin haben wir über Sie gesprochen, jetzt müssen wir mit Ihnen sprechen. Sie wollen doch schnell nach Hause und wieder Akkordeon spielen?“ Dann erklärt er, dass die Patientin mithilfe von Physiotherapeuten wieder trainieren muss. Mit jedem Tag ohne Training droht der Verlust von Funktionalität. Dr. Stolz bringt das auf die einfache Formel „Bed ist bad!“, auf Deutsch: Zu lange nur im Bett zu liegen ist schlecht für die Patienten.
Alles, was die Ärzte und Therapeuten besprechen, wird dokumentiert, damit die Ergebnisse dann auch in die Behandlung mit einfließen können. 21 Patienten hat der Chefarzt heute Morgen im KRH Klinikum Nordstadt gesehen. Auf dem Weg zu seinem Fahrrad gibt er Assistenzärzten, die sich auf ihre Facharztprüfung vorbereiten, noch ein paar Tipps.
Der gebürtige Hannoveraner Stolz kennt die fahrradfreundlichen Strecken zu seinem zweiten Standort, der KRH Geriatrie Langenhagen. Vorbei an Kleingärten und über den Mittellandkanal können seine Gedanken wandern. In Langenhagen folgen ab Mittag mehrere Teamsitzungen und Visiten, Büroarbeit und der Blick auf die Stationen, ob hier seine Hilfe gebraucht wird. Im Laufe der Woche wird Dr. Stolz dort, in einem der größten geriatrischen Zentren Norddeutschlands, noch weitere 100 geriatrische Patienten besuchen. Mit der Stationsärztin geht er noch zu einem pensionierten Lehrer ins Zimmer. Der ältere Herr kam mit 16 unterschiedlichen Medikamenten ins Krankenhaus: gegen Bluthochdruck, gegen einen ständigen Juckreiz und, und, und ... Jetzt haben sich seine Beine noch stark entzündet. Die geriatrische Behandlungsphilosophie bündelt Dr. Stolz in dem Gespräch in einer Frage: „Was muss besser werden?“ „Ich will wieder laufen können“, antwortet der 87-Jährige.