
Berichtet aus seiner Erfahrung: Sascha Sandhorst, Pflegefachkraft und Integrationsbeauftragter des KRH Klinikum Großburgwedel und Lehrte.
Sascha Sandhorst, Pflegefachkraft und Integrationsbeauftragter des KRH Klinikum Großburgwedel und Lehrte, fasst seine Erfahrungen und Problemstellungen mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz zusammen:
Initiative/ Anlass
Ausländische Fachkräfte leisten einen starken Beitrag zur Fachkräftegewinnung in Deutschland. Diese motivierten und hervorragend ausgebildeten Fachkräfte sind eine Bereicherung. Aufgrund der praktischen Erfahrungen scheint es hohe „Hürden“ im Fachkräfteeinwanderungsgesetz zu geben. Belegt auch dadurch, dass die Verfahren unwahrscheinlich lang sind. Häufig dauert es mindestens ein halbes Jahr, bis eine ausländische Fachkraft nach Antrag in Deutschland ist und ihrer Arbeit nachgehen kann.
Um die Situation positiv zu verändern, bedarf es einer „Entschlackung“ der bürokratischen Barrieren innerhalb der beteiligten Behörden und Anerkennungsstellen auf kommunaler Ebene und Landesebene.
Beobachtungen:
• Problematisch erweist sich, dass die Landesbehörden im beschleunigten Fachkräfteverfahren nicht an die Fristen zur Bearbeitung der Anträge auf Feststellung der Gleichwertigkeit gebunden sind. Die Zeitschiene (Anerkennungsverfahren 2 Monate, Beschäftigungsprüfung (Vorab-Zustimmung) 1 Woche, Visa-Beantragung 3 Wochen, Visumausstellung 3 Wochen) wird in der Regel um Monate überschritten.
• Das beschleunigte Fachkräfteverfahren muss aus diesen Gründen deutlicher formuliert werden, durch klar definierte Bearbeitungsfristen.
• Die erforderliche Vorab-Zustimmung durch die Agentur für Arbeit nach Entscheid der zuständigen Ausländerbehörde ist nicht notwendig, da die Voraussetzungen schon von der Ausländerbehörde geprüft worden sind. Hier liegen Doppelstrukturen vor.
• Bezüglich der Koordinierung, Sammlung und Weiterleitung von Dokumenten und Papieren, muss eine verbindliche Anlaufstelle, federführende Behörde genannt werden, an welche alle erforderlichen Dokumente eingehen (ähnlich wie schwerpunktmäßig in den Neuerungen Teilhabe-Gesetz).
• Durch die Ausweisung einer leitenden Anlaufbehörde, betreffend der relevanten Antragsverfahren, werden Abstimmungsprobleme zwischen den Behörden in den Antragsverfahren vermieden und die Dokumente direkt an die richtige Stelle zur Bearbeitung weitergeleitet.
Als Beispiel:
- Die Förderung der Anerkennungsmaßnahmen (Bildungsgutschein) bei den Fachkräften in Anerkennung durch die Agentur für Arbeit erfordert eine durchgängige Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis. Diese werden von der Behörde nicht nur im Erst-Antragsverfahren in der Regel nach Anerkennungsbescheid nicht durchgängig ausgestellt. Es erfolgt keine ausreichende Kommunikation zwischen den Behörden. Ein doppeltes Antragsverfahren muss eingeleitet werden. Hier bedarf es einer Formulierung im Gesetzestext. Die Förderfähigkeit durch die Agentur für Arbeit sollte auch anerkannt werden, wenn z.B. OTA und ATA- Fachkräfte in Anerkennung im laufenden Kurs einsteigen.
- Die Bildungsgutscheine sollten durchgängig, inklusive erforderlicher Wiederholungsprüfung, ihre Gültigkeit erhalten. Bislang muss zu den Wiederholungsprüfungen ein neuer Antrag gestellt werden, welcher mit sehr hohen bürokratischen Aufwand verbunden ist.
• Es bedarf dringend eines einfacheren Zugangs zu ausländischen Dokumenten im Antragsverfahren. Zu viele Original-Dokumente müssen vom abgehenden Land ins Inland und nach Vorab-Zustimmung wieder ins abgehende Ausland hin und her gesendet werden. Als Beispiel ist für die Ausstellung des Anerkennungsbescheides durch die zuständige Landesbehörde Niedersachsen das Berufs-Diplom und die Arbeitslizenz in beglaubigter Kopie und Original-Übersetzung im aufnehmenden Land in Deutschland von einer anerkannten Beglaubigungsstelle erforderlich. Dies sollte auch im Ausland möglich sein. Alle Dokumente sollten über den digitalen Postweg zugesendet werden können.
• Es muss eine zentrale Stelle ausgewiesen werden, wo alle Dokumente digital hochgeladen werden können.
• Ein Analog-Übertrag der Dokumente auf das Visa-Verfahren (Passkopie, Lebenslauf, etc.) ist erforderlich. Es gibt zu viele Unterschiede in den Behörden. Persönliches Hin- und Herfahren soll vermieden werden.
• Der Gebührenbescheid von der Landesbehörde wird immer erst ausgestellt, wenn eine Bezahlung erfolgt ist. Hier geht kostbare Zeit verloren.
• Das bürokratische Verfahren muss entschlackt und in wesentlich kürzerer Zeit abgewickelt werden können.
• Die Ausländer-Behörden reagieren nicht zeitnah auf Anfrage.
• Es muss unterschieden werden, wer dringend Fachkräfte benötigt. Hieran muss sich die Priorität in der Bearbeitung orientieren (Aufnahme im 5-Punkte-Plan).
• In reglementierten Berufen sollten Anträge schon im Vorfeld während der Anerkennung gestellt werden können.
• Fiktionsbescheinigungen sollten nicht nur an den Aufenthaltstitel geknüpft, sondern auch nach Antrag auf Verlängerung einer Arbeitserlaubnis ausgestellt werden, wenn Dokumente von den zuständigen Behörden nicht rechtzeitig zugesendet werden können, voraussetzt Arbeitsvertrag und Wohnung sind weiterhin gesichert vorhanden. Die Fristen der Antragstellung und Bearbeitungszeit müssen zeitlich klar definiert werden.
• Die Durchführung der neu geplanten Fachsprachenprüfung (FSP) sollte von öffentlichen Pflegefachverbänden durchgeführt werden. Offiziell muss ein Bewerberverfahren ausgeschrieben und Einrichtungen rechtzeitig informiert werden, um Neutralität zu bewahren.