
Das virtuelle Klassenzimmer der KRH Akademie ist bereit für den Start.
Die Person im Bett sieht übernächtigt aus. Die Stirn glänzt, die Gesichtshaut wirkt fahl. Was ist jetzt zu tun? Waschen? Lüften? Vitalzeichen prüfen? Am Patientenbett gilt es für Pflegende jetzt blitzschnell patientenorientierte Entscheidungen zu treffen. Im Klassenzimmer wäre es für Auszubildende die erlernte Antwort auf eine fallorientierte Frage. Um den Praxistransfer herzustellen wird in der in der KRH Akademie bereits jetzt schon mit realen Praxisbeispielen gearbeitet. Zukünftig werden hierfür nun auch verstärkt digitale Lernwelten zum Einsatz kommen und Pflege 4.0 in den Krankenhäusern des Klinikum Region Hannover präsenter machen.
„Durch technologische Entwicklungen im Lehr- und Lernbereich können wir heute den Pflegealltag viel eingängiger darstellen und dadurch Situationen, denen die Auszubildenden in der Praxis begegnen, besser in den theoretischen Unterricht einbinden“, sagt Mirco Pietsch. Hier sei vieles denkbar. Von einfachen grafischen Elementen bis hin zu aufwendigeren 360°-Produktionen, welche die Pflege am Patienten realitätsnah simulieren können. „Hierdurch schaffen wir die Basis für ein nachhaltigeres Lernerlebnis und mehr Motivation und Neugier beim Erlernen von Fachwissen“, ergänzt Yvonne Radtke. Gemeinsam arbeiten beide seit Februar in der Akademie in der Schützenallee an der Entwicklung eines virtuellen Klassenzimmers für die Auszubildenden des KRH Klinikum Region Hannover.
Die Kombination neuer virtueller Elemente mit den bewährten Unterrichtseinheiten, auch „Blended Learning“ genannt, stelle eine bessere Verzahnung von Theorie und Praxis dar. Bei der Entwicklung dieser neuen Lehr- & Lernmethoden sollen sich auch die Auszubildenden, sowie die Mitarbeiter auf den Stationen einbringen können.
Welchen Leuchtturmcharakter dieses Projekt hat, das über die Grenzen der Region hinaus bislang einzigartig ist, würdigt auch die Region Hannover. Sie fördert als Eigentümerin des KRH den Aufbau des digitalen Klassenzimmers mit insgesamt 600.000 Euro für zwei Jahre. Diese Förderung fließt in die Personalkosten für den Aufbau des Projekts sowie die dafür nötige Infrastruktur an Soft- und Hardware bis hin zu sogenannten Whiteboards in den Akademieräumen – den elektronisch steuerbaren Wandtafeln. Für Michael Born, KRH Geschäftsführer Personal, ist diese Investition der richtige Schritt zur richtigen Zeit. „Wir wollen das Krankenhaus als Arbeitsort deutlich attraktiver machen. Neben vielen anderen Aufgaben, denen wir uns stellen, gehört auch dazu, dass wir mutig neue Ideen für die Ausbildung umsetzen. So wollen wir als Arbeitgeber KRH so attraktiv wie möglich für junge Menschen sein.“
Der Zeitpunkt dieser Innovationseinführung ist nicht zufällig gewählt. „Seit Jahresanfang haben wir ein neues Gesetz als Grundlage für die Ausbildung unserer Pflegekräfte“, sagt Sabine Vogel, Pflegepädagogin und Mitinitiatorin des Projekts. Seit diesem Jahr steht anstelle der bislang geteilten Ausbildungsstränge für Gesundheits- und Krankenpflege-, Kinderkranken- sowie Altenpflegekräfte eine inhaltlich neu strukturierte generalistische Ausbildung zur Pflegefachkraft. „So wie sich unser Berufsbild neugestaltet, wollen wir auch unsere Lehrinhalte in Methodik und Didaktik neu aufsetzen“, sagt Vogel. Alle Auszubildenden sollen ortsungebunden auf die neuen E-Learning-Inhalte mithilfe eines Tablets zugreifen können. Niemand müsse dieses selbst anschaffen, betont Sabine Vogel.
Start der ersten virtuellen Unterrichtsstunden wird voraussichtlich im April dieses Jahres sein, parallel zum Beginn des ersten Ausbildungskurses der neuen Pflegeausbildung. „Wir entwickeln die einzelnen Module anschließend parallel zum Unterricht um die ersten Erfahrungen und Rückmeldungen der Auszubildenden direkt einbinden zu können“, sagt Pietsch. Die sechs- bis achtwöchigen Unterrichtsblöcke seien durch Praxisphasen unterbrochen, in denen in der KRH Akademie an neuen Modulen gearbeitet werden könne. Sabine Vogel sieht in dem digitalen Klassenzimmer auch eine Erleichterung für die Lehrkräfte. „Mit Hilfe dieses browsergestützten Systems kann ich die Auszubildenden künftig auch von unterwegs begleiten.“ Dies sei angesichts der großen Fläche der Region und der 10 Standorte des KRH ein enormer Vorteil. Alle Beteiligten könnten ihre Arbeitszeit effektiver einsetzen, betont Radtke. Die Investition ist für Sabine Vogel eine zukunftsweisende Entscheidung. „Wir schaffen jetzt die Struktur für Lehrinhalte, die wir später auch in den Modulen für die berufliche Weiterbildung spezialisierter Pflegefachkräfte für den OP oder die Intensivstation verwenden können.“