Zehn Millionen Sinneseindrücke pro Sekunde nehmen die menschlichen Augen auf. Das sind mehr Eindrücke als jedes andere Sinnesorgan aufnimmt. Diese werden anschließend an das Gehirn weitergeleitet. Die Augen funktionieren dabei ähnlich wie eine Filmkamera: Wie bei einem Kameraobjektiv fällt Licht durch die klaren Medien des Auges – Hornhaut, vordere Augenkammer, Pupille, Linse und Glaskörper – bis auf die Netzhaut. Dort wird die fokussierte Bildinformation in ein elektrisches Signal umgewandelt und über den Sehnerven zur Sehrinde unseres Gehirns transportiert. Aus der Kombination der Bildeindrücke beider Augen entsteht ein räumlicher Eindruck unserer Umgebung: Wir sehen!
„Zur Erhaltung des Sehvermögens bedarf es hochtechnischer Diagnostik, um Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und durch moderne Therapieverfahren und OP-Techniken zu behandeln. Dabei werden verschiedene bildgebende Verfahren für Diagnostik, Befunddokumentation und Verlaufsbeurteilung verwendet“, so Dr. Boris Breuer, Chefarzt der Augenklinik im KRH Klinikum Nordstadt. Zahlreiche Techniken liefern weitere Informationen. „Bei der Angiografie etwa wird ein Farbstoff gespritzt, sodass sich Gefäße besser darstellen lassen oder erkennbar ist, ob Flüssigkeit austritt“, sagt Dr. Breuer. Ohne eine Belastung durch Röntgenstrahlen können so Gefäßerkrankungen wie etwa die feuchte Makuladegeneration, diabetische Netzhautveränderungen oder Gefäßverschlüsse diagnostiziert werden.
Feine Schnittbilder während der Operation
Ein weiteres Diagnoseverfahren ist die optische Kohärenztomografie (OCT), die hochauflösende Schnittbilder erzeugt und damit Informationen etwa über Netzhaut, Hornhaut oder Sehnerv liefert. Vergleiche mit Normdatenbanken ermöglichen, Erkrankungen wie das Glaukom (grüner Star) früher zu erkennen und den Verlauf besser zu beurteilen. Mit bis zu 85.000 Scans pro Sekunde wird eine Auflösung von fünf Mikrometern erreicht. Ein Mikrometer entspricht einem Millionstel Meter. „Ab Dezember arbeiten wir mit OP-Mikroskopen, in denen diese Technik bereits integriert ist“, so Dr. Breuer. So können durch Schnittbilder der Netzhaut oder der Hornhaut bereits während der Operation der Therapieerfolg überprüft oder Therapieentscheidungen getroffen werden.
Während die mit Licht arbeitende OCT nur transparente Objekte darstellen kann, gelingt es mit dem Ultraschall, auch lichtundurchlässige Strukturen im Überblick oder hochauflösend als Ultraschallbiomikroskopie darzustellen. „Mit Ultraschall können wir feststellen, ob die Netzhaut unter einer Glaskörperblutung anliegt und der Spontanverlauf abgewartet werden kann, oder wir können bei einer dichten Linsentrübung das Auge in Vorbereitung auf eine Kataraktoperation (Operation des grauen Stars) vermessen“, erklärt der Mediziner. Bei weniger fortgeschrittener Linsentrübung erfolgt die Vermessung mittels optischer Verfahren, wie Laser-Interferometrie, um die optimale künstliche Linse für einen Patienten zu ermitteln. Durch eine Endothelzellmessung kann vor einer Kataraktoperation das Risiko für Hornhautkomplikationen besser eingeschätzt werden.
Für eine gute Funktion der Hornhaut als Teil des „Objektivs“ des Auges ist aber nicht nur die Klarheit, sondern auch eine regelmäßige Brechkraft erforderlich. Diese kann mit einer Scheimpflugkamera dargestellt werden. Diese sogenannte Pentacam erstellt einen 3-D Datensatz vom gesamten vorderen Augenabschnitt und kann damit auch krankhafte Vorwölbungen erkennen. Neben der Darstellung des Organs an sich ist die Prüfung seiner Funktion entscheidend. Und neben der zentralen Sehschärfe lässt sich auch die Fähigkeit der Lichtwahrnehmung an unterschiedlichen Orten des Gesichtsfeldes überprüfen. Das ist deshalb wichtig, weil im Falle eines Glaukoms Ausfälle im Gesichtsfeld entstehen können.
Die Augenheilkunde ist ein Fach mit vielen technischen Untersuchungsmethoden, die sich in den letzten Jahren rasant entwickelt haben. Durch diese Diagnostik lassen sich Erkrankungen früher erkennen. „Das hilft uns, mit modernen Therapieverfahren und OP-Techniken Sehvermögen zu retten“, so Breuer.