Bewegung und Beweglichkeit spielen, je älter man wird, eine zunehmende Rolle, wenn es um unsere Eigenständigkeit und Gesundheit geht. „Um diesen Zeitpunkt zumindest so weit wie möglich hinauszuzögern, müssen wir uns körperlich fit halten“, sagt Ingo Rembitzki, Leiter der Therapeutischen Bereiche im KRH Klinikum Lehrte. Mit zunehmendem Alter baut sich die Muskulatur ab und ohne ausreichend Muskelkraft und Muskelleistung wird der Alltag immer schwerer. Hier gilt es frühzeitig vorzubeugen und Muskeln und Knochen gezielt zu kräftigen, so Experte Rembitzki.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Muskelfasern, weiße und rote Muskelfasern. Die roten Muskelfasern sind die „Ausdauermuskeln“ und die weißen Muskelfasern sind die Muskeln für eine hohe Muskelleistung. Sie sind fünfmal so stark und fünfmal so schnell wie die roten Muskelfasern und verlieren im Alter deutlich an Kraft und Funktion.
Wie kann man dem Muskelabbau im Alter entgegenwirken? „In dem man regelmäßig die richtigen Übungen im Alltag einplant“, so Rembitzki. „Kaum eine Maßnahme kann altersbedingte Leistungseinbußen besser verringern als regelmäßige Bewegung.“ Bewegung kann sich positiv auf den gesamten Organismus auswirken und typische Altersbeschwerden reduzieren. Gesundheitsorientiertes Bewegungstraining im Alter soll die Muskelraft, Balance, Koordination und Leistung, so wie die Gelenkbeweglichkeit und Reaktionsfähigkeit erhalten oder verbessern. Es fördert die Sinneswahrnehmung, insbesondere das Bewegungsempfinden, die Körpererfahrung und Körperkontrolle, das Sehen, Hören und das Tasten. Stoffwechselprozesse und das Immunsystem werden angeregt.
Folgende Bewegungsübungen sind beispielhaft, laut Sönke van Stigt, Physiotherapeut im KRH Klinikum Lehrte, speziell für ältere Patienten ratsam. Sie sind in die Komponenten Dehnung, Balance, Koordination, Kraft und Leistung eingeteilt. Für jede Komponente sind eigene Regeln, in der Literatur, beschrieben: „Trainieren Sie die Übungen regelmäßig und folgen der angegebenen Dosierung. Beobachten Sie Ihren Körper und konzentrieren Sie sich auf die Übungen. Passen Sie das Übungsniveau entsprechend Ihren persönlichen Möglichkeiten an“, so Experte van Stigt.
Sprechen Sie sich bitte in jedem Fall vorab mit ihrem behandelnden Arzt und Therapeuten ab, insbesondere bei Herz-, Gefäß- und bei neurologischen Krankheiten!
Übungsregeln
Regeln zur Verbesserung von Dehnung und Balance, Koordination & Leistung
- Die Übungen häufig und über den Tag verteilt, gerne täglich durchführen
Regeln zum Aufbau der Muskelkraft
- Die Übungen mit nur etwa 70% Ihrer Maximalkraft durchführen
- 8-10 Wiederholungen, 1-2 Minuten Pause nach einem Übungssatz
- Wir empfehlen einen Trainingssatz von zirka 10 Übungen und nachfolgend 48 Stunden Pause
- Für Muskelerhalt, bzw. Muskelaufbau im Alter ist ein Krafttraining von 2-mal in der Woche ausreichend.
- Passen Sie Ihr Training dem Verlauf entsprechend an.
Balance
Tandemgang vorwärts und rückwärts: Setzen Sie beim Gehen auf ebenem Untergrund einen Fuß vor den anderen, entlang einer gedachten Linie. Die Ferse des vorderen Fußes direkt vor die Spitze des hinteren Fußes. Gehen Sie zur Sicherheit an einer Wand entlang und stützen Sie sich bei Bedarf ab. Wiederholungen 3-5-mal 10 Schritte. Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Seitlicher Schritt im Einbeinstand: Stellen Sie sich hüftbreit und machen einen Schritt zur Seite auf ein Bein. Bleiben sie etwa 4 Sekunden einbeinig stehen und nutzen Sie ggf. die Arme zum Balanceausgleich. Wippen Sie nicht hin und her, sondern stehen Sie ruhig. Wechseln Sie nach etwa 4 Sekunden die Seite. 4-6 Schritte zu jeder Seite, 2-3 Durchgänge. Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Wippen im Einbeinstand: Stehen Sie auf einem Bein, die Fußsohle des Standbeines steht ganz auf dem Boden. Wippen Sie leicht in die Knie, etwa 2-mal pro Sekunde für 15 bis 30 Sekunden je Bein. Zur Sicherheit stellen Sie sich an eine Wand oder einen Tisch und stützen Sie sich bei Bedarf ab. Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe
Dehnung
Rumpfdrehung: Stehen Sie aufrecht, die Füße schulterbreit auseinander. Drehen Sie den Rumpf langsam nach rechts, den rechten und linken Arm in die Drehrichtung gestreckt. Halten Sie die Dehnposition für etwa 10 Sekunden. Wiederholen Sie die Übung etwa 2-4 – mal pro Seite. Bei Schwindelneigung stellen Sie bitten vorab einen Stuhl zur Sicherheit bereit. Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Rückwärtsstreckung: Stehen Sie aufrecht, die Füße etwa Schulterbreit fest auf dem Boden und strecken beide Arme in die Höhe, die Fingerspitzen recken sich zur Decke. Neigen Sie nun den Oberkörper sanft nach hinten für etwa 4 Sekunden, den Blick zur Decke gerichtet. 3-6-mal wiederholen. Stellen Sie sich zur Sicherheit an eine Wand. Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Dehnschritte seitwärts und vorwärts: Stehen Sie aufrecht, die Beine leicht gegrätscht. Verlagern Sie Ihr Gewicht zu einer Seite und beugen dabei das Bein der anderen Seite. Halten Sie den Oberkörper aufrecht und das gestreckte Bein in Dehnstellung für etwa 8 Sekunden und wechseln Sie dann die Seite, wiederholen Sie 3-4-mal pro Seite.
Kraft
Stuhl-Aufsteh- Übung: Setzen Sie sich auf einen Stuhl ohne Seitenlehnen (Sitzhöhe etwa 49cm), an den Rand der Sitzfläche. Kreuzen Sie Ihre Arme vor der Brust und stehen Sie mit einer Geschwindigkeit von etwa 4 Sekunden pro Richtung 5-mal vom Stuhl auf und setzen sich wieder hin. Wiederholen Sie die Übung 2-4-mal. Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Tiefe Hocke: Stehen Sie aufrecht, beide Füße schulterbreit, leicht nach außen gedreht. Gehen Sie langsam so tief wie möglich in die Hocke. Die Fersen bleiben vollständig auf dem Boden. Bewegen sie sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 4 Sekunden je Richtung hoch in den Stand und wieder runter in die tiefe Hocke. Wiederholen Sie 2 x 10-mal. Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Liegestütz an der Wand: Stellen Sie sich mit etwas Abstand gerade vor eine Wand und stützen ihre Hände rutschfest auf Schulterhöhe an der Wand ab. Bewegen Sie nun Ihren Oberkörper wie bei einer Liegestütz Richtung Wand und wieder zurück, etwa 4 Sekunden je Richtung. Wiederholen Sie die Übung etwa 2 mal 10 Mal. Stellen Sie vorab einen Stuhl bereit und achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Koordination & Leistung
Rückkehr des Frühlings: Sie stehen aufrecht, die Füße schulterbreit auseinander, parallel zueinander. Lassen Sie sich 164-mal locker und gleichmäßig in die Knie fallen und strecken Sie sich wieder. Im Laufe der Übung finden Sie zu einer zunehmenden Gleichmäßigkeit der Wipp Bewegung. Führen Sie die Übung mindestens einmal täglich durch. Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Hüpfen: Stellen Sie sich parallel, schulterbreit und hüpfen mit beiden Beinen leicht i die Luft, sodass ihre Füße keinen, oder kaum Kontakt zum Boden haben. Machen Sie etwa 2 Sprünge pro Sekunde, ungefähr 10 Sprünge pro Bein, mindestens dreimal die Woche steigernd. Stellen Sie sich sicherheitshalber an eine Wand.
Drehlauf: Trippeln Sie auf den Vorfüßen im Stand in eine Richtung um die eigene Achse. Wählen Sie Ihr eignendes Tempo, sodass ihnen nicht schwindelig wird. Machen Sie etwa 1-2 Trippelschritte pro Sekunde je Richtung etwa 2-4 – mal. Bei Schwindelneigung führen Sie die Übung niemals alleine durch! Achten Sie auf ausreichende Sturzprophylaxe!
Diese und weitere Übungen finden Sie demnächst in unserem KRH „Taschentrainer“, speziell für ältere Menschen und Schmerzpatienten.
Bei Fragen rund um die Übungen kontaktieren sie gerne unseren Experten aus dem Fachbereich Geriatrie, Herr Sönke van Stigt: Soenke.vanStigt(@)krh.de